Was ist Rollenspiel?

Was wäre, wenn es ein Buch gäbe, in dem nicht nur eine Geschichte geschrieben steht, sondern unendlich viele?
Wenn alles, was wir uns vorstellen, möglich wäre, und wenn wir selbst die Geschicke der Figuren in diesen Geschichten leiten könnten?
Die Macht, die Michael Ende in seiner unendlichen Geschichte Bastian Balthasar Bux durch das AURYN in die Hände gelegt hat, diese Macht könnt auch ihr besitzen!
Es gibt ein Hobby, in dem kreative Kinder ihre Fantasie ausleben und trainieren können, in dem sie mehr Freiheiten erleben und erfahren, als es jede Serie, jeder Film, jedes Videospiel oder jeder Roman bieten könnte.
Dieses Hobby ist Rollenspiel!

Eine Erklärung, was ein Rollenspiel ist, findet man in so ziemlich jedem Regelwerk eines jeden Pen & Paper Rollenspiels. Wenn ihr bereits selbst erfahrener Rollenspieler*innen seid, könnt ihr diesen Artikel also getrost überspringen. Für alle, die hier Neuland entdecken, eine kurze Zusammenfassung, die möglichst systemneutral ist:

Das Ziel eines Rollenspiels ist es, gemeinsam spannende Geschichten zu erleben und zu gestalten. Häufig finden diese Geschichten in einer fiktiven Welt statt, zum Beispiel eine Fantasywelt, in einem Science Fiction-Setting, es gibt aber auch Rollenspiele, die einfach nur zu einer anderen Zeit spielen, oder solche, die im Hier und Jetzt ihr Zuhause haben. Hierbei übernehmen die Spieler*innen jeweils einen eigenen Charakter, also eine Figur, die sie sich selbst ausgedacht haben (und anhand des Spielsystems „erstellt“ haben), während eine Person die Rolle der Spielleitung übernimmt. Ein Charakter kann tun, was immer er tun möchte, wie im echten Leben, und meistens auch noch mehr als nur das. Die Spielleitung übernimmt alle anderen Figuren, beschreibt die Welt sowie die Reaktion auf alle Interaktionen. Die Charaktere tun sich zusammen, um Abenteuer zu erleben, und eben diese muss die Spielleitung vorbereiten. Sie sind also die „Helden“ der Geschichte. Als Spielleitung erdenkt ihr euch also ebendiese Geschichte aus, und die Charaktere sind die Hauptfiguren darin, die es in Szene zu setzen gilt. Macht es den Spieler*innen nicht zu leicht, denn sonst wird es nicht abenteuerlich, sondern langweilig, aber macht es auch nicht zu kompliziert, schließlich spielt ihr nicht gegen die anderen, sondern lenkt nur alle anderen Figuren, die sogenannten Nicht-Spieler-Charaktere. Das sind zum einen sämtliche Widersacher der Helden, also Schurken, Lakaien etc., sondern auch der Händler, den man auf der Straße trifft, der Auftraggeber, sogar Flora und Fauna werden durch die Spielleitung verkörpert.

Was ist Kinderrollenspiel?

Nun, grundlegend erst einmal dasselbe. Vermutlich werdet ihr als Erwachsene die Position der Spielleitung übernehmen, die Kinder übernehmen die Rolle der Spieler*innen, die ihre eigenen Charaktere spielen. Kinderrollenspiele sind zumeist vom aufgesetzten Regelsystem etwas einfacher und beziehen sich ggf. auf Serien oder Motive, die die Kinder bereits von woanders her kennen, eine Märchenwelt, vielleicht eine Zauberwelt wie aus „Harry Potter“, fliegende Einhörner und Pegasi … Letztendlich sind eurer Fantasie keine Grenzen gesetzt, und davon haben die Kinder jede Menge. Zudem sind die Grundstimmung immer etwas positiver und milder gestimmt, ein Abenteuer sollte nicht mit einer Niederlage enden, und auch sonst ist alles so aufgebaut, dass insgesamt nichts wirklich Schlimmes passieren kann.

Ab wann?

Das kommt auf die sonstige Entwicklung eures Kindes an. Das Kind sollte bereits logisch auf Fragen antworten können, vielleicht in ganzen Sätzen sprechen und ein wenig eigene Fantasie haben. Etwa ab vier Jahren sollte das mit etwas Unterstützung und sehr einfachen (oder gar keinen) Regeln funktionieren, nach oben gibt es natürlich keine Grenze, aber irgendwann ist das Kinderrollenspiel vielleicht einfach nicht mehr altersgemäß und das Kind (oder besser: der dann Jugendliche) steigt auf die „normalen“ Rollenspiele um.

Unterschiede zu erwachsenen Rollenspielen?

Das Erwachsenen-Rollenspiel ist insgesamt roher, brutaler, gefährlicher. Es wird zunächst einmal davon ausgegangen, dass es keine Themen gibt, die Tabuisiert werden müssen. In der Session 0, dem Treffen vor dem ersten Spieltreffen, besprechen Spieler*innen und Spielleitung, was im Spiel vorkommen soll oder darf und was nicht. Alles, was hier nicht angesprochen wird, kann später im Spiel passieren. Hier gibt es keine Grenzen bei den Themen Verlustängsten, Ekel oder Horror, in manchen Rollenspielsystemen wird sogar gezielt darauf hingearbeitet.

Das geht bei Kindern natürlich nicht, hier muss die Spielleitung bereits im Vorfeld sensibel genug sein, bestimmte Themen von vornherein auszuklammern. Muss jeder Kampf zum Beispiel mit dem Tod der Monster enden? Muss überhaupt jedes Zusammentreffen von Charakteren und Monstern automatisch ein Kampf sein? Oder kann man das böse Monster vielleicht mit ein paar Keksen ablenken oder es mittels eines kleinen Schlafliedes besänftigen?

Und natürlich gilt: je einfacher das Spielsystem, umso einfacher gelingt es den Kindern, mitzumachen, und umso besser die Beschreibung der Welt ist, um so besser gelingt die Immersion. Am Anfang versucht es vielleicht einfach erst einmal mit Erzählgeschichten, geht dann über dazu, dass die Kinder in den Geschichten immer mehr selbst entscheiden, bis ihr dann irgendwann den Kindern die Handlung überlasst und ihr selbst nur noch eine beschreibende Rolle übernehmen.

Komplexe Regeln, insbesondere in Bezug auf die Charaktergestaltung, benötigt man hier vermutlich nicht, es geht ja um die Geschichte und nicht darum, dass alles streng nach den Regeln funktioniert. Statt eines drei- bis vierseitigen Charakterbogens mit unzähligen Fertigkeiten, Talenten und Fähigkeiten gibt es hier ggf. lediglich eine Seite.

Und auch bei der Wahl eurer Geschichten müsst ihr natürlich auf das Alter eurer Kinder achten: kommt Knirps 1 mit einer Entführung klar? Müssen alle Charaktere die gleichen Belohnungen erhalten? Alles Dinge, die ihr nach eigenem Ermessen gemäß euren Kindern entscheiden müsst…