Seite aus Zauberakademie Siebenstein: Schmutztitel

Fantasy-Spielbuch?

In den 80er-Jahren waren Spielbücher (auch Choose-your-own-adventure genannt) mal ein ganz großes Ding. Vor allem in den USA, GB und auch in Frankreich. Aber einige größere Reihen wie Einsamer Wolf, Fighting Fantasy oder Silberstern schwappten allerdings auch auf den deutschen Markt und fixten viele von uns für eine spätere „Karriere“ im Rollenspiel an.

Wunderschön zu sehen, dass diese Gattung irgendwo in der Grauzone zwischen Roman und Gesellschaftsspiel auch in den 2020er-Jahren noch existiert und sogar neue Vertreter hervorbringt.

Ihr habt gar keine Ahnung, wovon ich gerade schreibe? Dann will ich es gerne erklären. In einem Spielbuch trefft ihr die Entscheidungen – ganz grob à la: »Möchtest du dem Ork in den Hintern treten, lies weiter bei Abschnitt 243, willst du weglaufen, lies Abschnitt 543 oder wartest du freundlich lächelnd ab, wie er sich verhalten wird, so lies Abschnitt 3.«
Auf diese Art und Weise spielt ihr euch durch die Handlung und könnt so das Buch zu eurem eigenen Abenteuer machen. Im schlimmsten Falle scheitert ihr zwischendurch und beginnt von vorn, im Idealfall endet das Abenteuer erfolgreich für euch, die ihr die Hauptfigur in dieser Erzählung spielt.

Spielbücher gibt es in den unterschiedlichsten Genres, für die unterschiedlichsten Altersklassen und mit unterschiedlich schwierigen Regelsystemen – ich werde versuchen, das hier vorgestellte Zauberakademie Siebenstern in diesem Koordinatensystem für euch einzuordnen.

Zauberakademie Siebenstein – Rettest DU die magische Schule? (Zauberakademie Siebenstern, Bd. 3)

INHALT

Prima. Es gibt ein Wiedersehen mit der Zauberakademie Siebenstern. Aber jetzt scheint es ums Ganze zu gehen. Nachdem wir in den ersten beiden Teilen ein magisches Abenteuer bestehen und unseren Tiergefährten suchen mussten, heißt es jetzt „Rettest DU die magische Schule?“. Das hört sich ernst an. Ich werde also mein Bestes geben und hoffe, dass ihr es genau so halten werdet.

Regeltechnisch hat sich nichts geändert und wir haben unsere Zauberkräfte (hoffentlich die richtigen), die wir sogar aus den vorhergehenden Bänden behalten können sowie das Geschenk des Waldes, wenn wir bis hierher eines behalten haben. Alle anderen Gegenstände stehen nicht mehr zur Verfügung. Strittige Entscheidungen werden wieder getroffen, indem wir blind auf die bunten Edelsteine auf der Umschlagseite tippen – möge das Bleistift-Tipp-Glück mit uns allen sein.

Und ja, falls ihr schon ein Abenteuer gespielt habt, könnt ihr glücklicherweise euren Tiergefährten behalten, ansonsten kann direkt in Abschnitt 1 einer gewählt werden. Ich war schon besorgt ich hätte meinen Donnerhamster Hammi nicht mehr an meiner Seite. Das hätte mich schon geschmerzt.

Ich denke den Anfang des Abenteuers kann ich euch problemlos verraten, denn in bester Manier eines anderen bekannten Zauber-Franchises einer sehr unerfreulichen Autorin beommen wir Besuch von den Leiter*innen dreier andere Zauberakademien und eine Wissende Kristallkugel legt nach Beantwortung einiger Fragen fest, welche der Akademien wir besuchen, um unsere Studien weiterzuführen. Bisher ist von einer Gefahr für Siebenstern noch nichts zu sehen, aber das kann nur eine Frage der Zeit sein und welche Gelegenheit wäre da günstiger als der große Ball der Akademien…?

Wie schon in den Vorgängerbänden gibt es hier wirklich schöne Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen – und eigentlich immer stellt sich heraus, dass eine gewaltfreie Lösung auch gleichzeitig die beste ist. Sehr passend für das potentielle Publikum.

Auch unterschiedliche Rätsel spielen wieder eine Rolle, wobei eines von mir fast ein Showstopper war, da ich zwar verstanden habe, wie die Mathemagie funktioniert, aber ich kam einfach nicht auf die Lösung. Ich fürchte allerdings, dass Kids hier einen Tacken cleverer sein könnten. Einige Rätsel werdet ihr allerdings gar nicht zu Augen bekommen, da sie auf jeweils drei unterschiedliche Pfade in diesem Teil des Abenteuers verteilt sind.

Auch beim abschließenden Kampf bleibt kein Auge trocken und das Spruchduell hat wirklich deutlich mehr Spaß gemacht, als in einem Rollenspiel die Trefferpunkte der Bösewichte herunterzuprügeln.

Mediadaten

MEINE MEINUNG

Stark. Wenn ich etwas Negatives finden müsste, wäre es, dass das Buch zu wenige Abschnitte hat. Auf jeden Fall hat das Warten sich gelohnt und mein Donnerhamster kann wieder in die Geschicke der Zauberakademie eingreifen. Die Struktur des Buches ist für mich als Erwachsenen leicht zu überblicken, aber ich denke nicht, dass ich mit 8, 9 oder 10 Jahren so rational gedacht hätte – ich hätte mich wohl einfach in die Geschichte fallen lassen und versucht, mit meinen literarischen Freund*innen alles zu tun, um die Schule vor dem dunklen Komplott zu retten, der sie bedroht.

FÜR WEN IST DIESES SPIELBUCH

Was soll ich sagen? Haben euch und euren Kids die ersten beiden Bände gefallen, so könnt ihr unbesehen zuschlagen. Für mich war es wieder ein wirklich angenehm verbrachter Vormittag und es zeigt sich wieder die große Stärke der Reihe, dass sowohl Groß als auch Klein ihren Spaß haben werden.

Vom Alter zum Alleinelesen würde ich hier auf etwa 10 Jahre gehen, da auf jedem der drei Wege im Mittelteil ein Rätsel ist, das gelöst werden muss, da sonst das Abenteuer einfach endet und nicht mehr weitergeht. Ihr Erwachsenen könnt sie zur Not „bruteforcen“, wenn ihr nicht selber auf die Lösungen kommt, um eure Sprösslinge dann an der passenden Stelle weiterspielen zu lassen.

Moritz Mehlem